Berliner Zeitungsviertel

5Springer und die Politik(2)

1968 brannten die Zeitungsautos

Der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) und die entstehende Außerparlamentarische Opposition (APO) wurden zu den großen Feindbildern der Springer-Presse. Anti-amerikanische Vietnamkriegs-Demonstrationen, Demonstrationen gegen den Besuch des Schahs von Persien, bei der 1967 der Student Benno Ohnesorg von einem Polizeibeamten erschossen wurde, gaben genügend Anlass zur Verschärfung der Situation. Die Springer-Zeitungen belegten die aufmüpfigen Nonkonformisten mit Attributen wie „Wirrköpfe“, „radikale Einpeitscher“, „Politgammler“, „Krawall-Radikale“, „geschulte kommunistische Straßenkämpfer“, „aufgepeitschter und aufgeputschter Mob“.

Es musste zur Konfrontation kommen. Sie entbrannte im wahrsten Sinn des Wortes am 11. April 1968 nach dem Attentat eines Rechtsradikalen auf den Studentenführer Rudi Dutschke. Mehrere tausend Menschen versuchten die Auslieferung der Tageszeitungen in der Kochstraße zu verhindern, in denen die APO und die Person Rudi Dutschkes denunziert wurden. Die Demonstranten lieferten sich am Abend und in der Nacht heftige Straßenschlachten mit der Polizei und zündeten Auslieferungsfahrzeuge an. Die Parole „Enteignet Springer!“ machte die Runde. Springer wurde nicht enteignet und ist auch im vereinigten Deutschland der mächtigste Zeitungskonzern, an dem sich immer noch die Geister scheiden.

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Demonstration am 1. Mai 1968