Berliner Zeitungsviertel

38Staatsbürger-Zeitung und Vorwärts

Der Hofprediger Stoecker war einer der Väter des modernen Antisemitismus

Ab Ende der 1870er Jahre entwickelte sich die Staatsbürger-Zeitung in der Lindenstraße 69 (heute der kleine Platz vor der Ostseite des Anwesens Markgrafenpark an der Ecke Lindenstraße/ Kochstraße) zum deutsch-nationalen Blatt der Antisemiten. Später wurde sie mit der vom Hof- und Domprediger Adolf Stoecker herausgegebenen Tageszeitung Das Reich vereinigt und kam als Nebenausgabe heraus; 1926 stellte sie ihr Erscheinen ein.

Der monarchistisch-nationalistische Politiker und evangelische Theologe Stoecker schrieb selbst viele Zeitungsbeiträge. Trotz seiner unbestreitbaren sozialpolitischen Verdienste gilt er als einer der Väter des modernen Antisemitismus.

Dessen ungeachtet hatte Das Reich von Stoecker/Müller nichts mit der späteren von Goebbels 1940 gegründeten Propaganda-Wochenzeitung gleichen Namens zu tun, die im Deutschen Verlag erschien.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte die SPD in der Lindenstraße 69 ihr erste Parteizentrale mit Druck- und Verlagshaus. Paul Singer und August Bebel brachten das nötige Geld für einen prächtigen Neubau durch Darlehen vor allem der Gewerkschaften und Arbeitervereine sowie der Arbeiter selbst auf. 1902 konnte die neue Druckerei in der Lindenstraße 69 eröffnet werden. Hier standen die größten und schnellsten Rotationsmaschinen der damaligen Zeit in Deutschland. 1903 zogen Redaktion, Expedition und Buchhandlung Vorwärts ebenfalls in das neue Haus. Im Januar 1905 folgten der SPD-Parteivorstand und das Parteiarchiv. Doch schon bald konzentrierte die SPD ihre sämtlichen Aktivitäten in der neuen Parteizentrale Lindenstraße 3.

Staatsbürger-Zeitung
Lindenstraße 69
Erste Parteizentrale mit Druck- und Verlagshaus
Lindenstraße 69
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Im Bereich der heutigen Grünanlage an der Ecke Kochstraße/Lindenstraße war in der Lindenstraße 69 ein bedeutender Zeitungsstandort.