Berliner Zeitungsviertel

42Am Ende steht Die Wahrheit(1)

Zwei Zeitungen diesen Titels wurden überflüssig

Der Rundgang durch das historische Zeitungsviertel endet mit der Wahrheit. Im Bereich des heutigen gelben Eckgebäudes an der Kochstraße (Charlotten Carree) war ab dem Ersten Weltkrieg in der Markgrafenstraße 64 der Sitz der 1905 gegründeten deutschnationalen Wochenzeitung Die Wahrheit – Freies deutsches Volksblatt.

Herausgeber war ein Willhelm Bruhn. Die Zeitung verfolgte zwar einen strammen nationalen Kurs, nahm aber noch Anfang 1933 Hitler nicht so ganz ernst. Schwerpunkt der kommentierenden Berichterstattung waren wirtschaftliche Verflechtungen und Skandälchen in der Hauptstadt. Auch Gesellschaftsklatsch kam nicht zu kurz.

Scharf geschossen wurde vor allem gegen die Nachbarn Mosse und Ullstein wegen ihrer liberalen und demokratischen Politik und ihrer wenig nationalen Haltung, wobei ein unterschwelliger Antisemitismus gegen die jüdischen Verlegerfamilien und ihre bekannten Redakteure wie Theodor Wolff anklang. Das änderte sich schnell: Schon bald nach der Machtergreifung schwenkte das Blatt auf einen straffen nationalsozialistischen und antijüdischen Kurs um und griff alles „Undeutsche“ in der Kultur und in den Medien an. Durch diese vorweg genommene Gleichschaltung machte sich Die Wahrheit wohl selbst überflüssig und verschwand 1935 von der Bildfläche.

Die Wahrheit
Markgrafenstraße 64
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Markgrafenstraße 64 aus der Axel-Springer-Passage gesehen. Hier saß „Die Wahrheit".