Berliner Zeitungsviertel

14Scherls Medien-Reich wuchs(1)

Erfolg trotz chaotischer Wirtschaft

Eben in diesem Jahr 1888 setzte sich der Finanzier Büxenstein von dem chaotisch wirtschaftenden Scherl ab. Der Alleingeschäftsführer entnahm viel Geld aus der Firma und verwendete es für seinen aufwendigen Lebensstil. Scherl kümmerten die ungedeckten Verbindlichkeiten wenig, er setzte auf die Idee und den Erfolg seiner Zeitung, die er in der Bilanz mit sechs Millionen Mark bewertete. Er fand alte Freunde, die als Teilhaber in die neue Firma Berliner Lokal-Anzeiger August Scherl & Compagnie einstiegen. Die Banken gaben Kredite, sodass Scherl die Schulden bei Büxenstein ablösen und dessen Druckereigebäude eben hier an der Zimmerstraße 40–41 kaufen konnte.

August Scherls Druck- und Zeitungsimperium wuchs zunächst kontinuierlich. Hinzu kamen 1895 die Berliner Adressbuch GmbH, 1899 die Illustrierte Die Woche, 1900 die zweimal täglich erscheinende Zeitung Der Tag, 1903 Die Gartenlaube, 1905 Der Allgemeine Wegweiser (ein Ratgeber für Schrebergärtner mit 500 000 Auflage). Scherl machte sich – ähnlich wie Ullstein – die damalige Bildungsbeflissenheit breiter Massen zu Nutze und verbreitete seine Lies-dich-empor-Bibliothek über seine Zeitungsträger zu einer Leihgebühr von einem Groschen an der Haustür. Gleiches tat er mit einem Prämiensparsystem.

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